{"id":2922,"date":"2012-06-22T15:00:47","date_gmt":"2012-06-22T13:00:47","guid":{"rendered":"http:\/\/www.einsteins-magazin.de\/?p=2922"},"modified":"2012-07-17T10:07:43","modified_gmt":"2012-07-17T08:07:43","slug":"gastbeitrag-heimat-gehort-niemandem","status":"publish","type":"post","link":"http:\/\/localhost\/gastbeitrag-heimat-gehort-niemandem\/","title":{"rendered":"Heimat geh\u00f6rt niemandem"},"content":{"rendered":"

Unser Gastautor Michael Gellrich (27) ist Psychologie-Student an der Katholischen Universit\u00e4t Eichst\u00e4tt-Ingolstadt. Seine Vorstellung von Heimat lesen Sie hier:<\/em><\/p>\n

Heimat ist f\u00fcr mich kein Ort, sondern ein Gef\u00fchl. Aber welches? Seit \u00fcber vier Generationen kennt meine Familie keine Heimat. Aus Schlesien und Sudetendeutschland vertrieben, nach Hamburg gezogen und im Anschluss nach Spanien ausgewandert: die Heimat, von der jeder spricht, ist f\u00fcr mich nur eine Reise meiner Vorfahren. In Spanien immer der Deutsche gewesen, im Land meiner Eltern nicht unbedingt der Spanier, aber dennoch fremd. Heimat entwickelte sich f\u00fcr mich zu einem Begriff, mit dem meine Umwelt mir scheinbar signalisieren wollte, dass ich kein Teil davon bin.<\/p>\n

Ist Deutschland meine Heimat? Mein ganzes Leben lang habe ich mich daf\u00fcr rechtfertigen m\u00fcssen, Deutscher zu sein, obwohl ich in dem Land nie gelebt hatte bis ich 20 war. Als ich mich mit eben diesem Fleckchen Erde auseinandersetzen wollte, beeindruckten mich die Worte eines amerikanischen Pr\u00e4sidenten, der wirklich behauptete, es w\u00fcrde ihn mit Stolz erf\u00fcllen, wenn er sagen k\u00f6nnte: \u201eIch bin ein Berliner.\u201c Gerade Berlin, eine Stadt, von der so viel Unheil ausging, soll der Grund sein, Stolz zu empfinden?<\/p>\n

Es gibt eine Menge Menschen, die sich einst von Berlin so angezogen f\u00fchlten, dass sie dort gleich bleiben wollten. Heute wollen die Berliner verhindern, dass andere es ihnen gleichtun. \u201eBerlin den Berlinern\u201c steht auf gro\u00dfen Plakaten in den Wohngegenden der deutschen Hauptstadt. Ist Heimat also ein Besitzanspruch? Irgendwo als Erster zu sein, um zu verhindern, dass ein Zweiter oder Dritter kommt? Meines Erachtens geh\u00f6rt die Stadt Berlin niemandem. Sie geh\u00f6rt ebenso wenig jenen, die sie einst gr\u00fcndeten wie jenen, die sie zerst\u00f6rten oder wieder aufbauten. Sie geh\u00f6rt auch nicht jenen Stuttgart-Sindelfingern, die vor zehn Jahren dort hinzogen. Trotz ihrer Vergangenheit hat sich diese Stadt auf der Tanzfl\u00e4che der Weltgeschichte zu einem Symbol f\u00fcr Freiheit und Toleranz entwickelt. Lasst Berlin einfach weiter tanzen und ladet die ganze Welt ein, es zu sehen.<\/p>\n

Das gr\u00f6\u00dfte Geschenk auf meinem Weg waren Menschen, die mir ein St\u00fcck ihrer Heimat n\u00e4her brachten und mich damit zu einem Teil davon machten. Jede Person ist in der Lage, ein Teil von dem Heimatgedanken einer anderen zu sein. Heimat ist ein dynamischer und individueller Prozess. Das, was manche Heimat nennen, ver\u00e4ndert sich st\u00e4ndig. Nur ein Gedanke bleibt: Heimat gibt es nur durch den Menschen und Menschen brauchen andere mehr als sich selbst. Wenn Gl\u00fcck erst dann wahre Bedeutung erlangt, wenn es geteilt wird, warum sind wir dann nicht in der Lage, auf die Besitzanspr\u00fcche an unsere Heimat zu verzichten? Heimat ist kein Ort, sondern das Gl\u00fcck, es mit der ganzen Welt teilen zu k\u00f6nnen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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