Glückspiel -
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Ein freundliches Lächeln - wie es sich für einen Croupier gehört. Seit fünfeinhalb Jahren arbeitet Irene Nentwig bereits in der Spielbank und kann dennoch immer noch etwas dazulernen. Roulette, Black Jack oder Baccara. Jede Position und jedes Spiel ist unterschiedlich. Acht Jahre lang dauert die Ausbildung. "Das Ganze ist wie ein kleines Studium", meint Nentwig. Jetons richtig plazieren oder die Kugel fachgerecht in den Roulettekessel einwerfen.

Fünfeinhalb Jahre Casino: "Ein kleines Studium"

"Es soll ja schlie�lich gekonnt aussehen." Nach den Übungsstunden am Vormittag wartet auf die gebürtige Karlsruherin noch ein langer Arbeitstag: Frühschicht von 14 bis 20 Uhr. Spätschicht von 20 bis 3. Uhr. Kein Grund zum Klagen. Nach dem Abitur hatte sie zeitweise als Aushilfe im Casino gearbeitet, bevor sie sich für diesem Beruf entschieden hat. Nentwig arbeitet am Kopf von Roulettetisch Nr.6, während drei ihrer Kollegen als Salatier, Drehcroupier und Tischchef fungieren. Soweit die Fachsprache.

High Society

Irene Nentwigs Aufgabe ist es, die Jetons vor Spielbeginn auf das mit Filz bespannte Tableau zu plazieren.

Roulette: hier werden satte Summen verspielt

Maximal 7000 Euro dürfen an diesem Tisch auf einfache Chancen wie Rot oder Schwarz gesetzt werden. "Plastikjetons nehmen die Hemmung." Diese Erfahrung macht Nentwig bei den Gästen immer wieder. Allein im Jahr 2001 wurden im Kurhaus Bruttospieleinnahmen von 18,8 Millionen Euro gemacht.

Am Anfang habe sie die Spieleinsätze immer in Sachgegenstände umgerechnet. Ein teurer Ring oder ein Auto. Doch der Arbeitsalltag hat auch Nentwig verändert. Heute bleibt sie angesichts hoher Beträge gelassen und antwortet metaphorisch: "Was das Holz für den Schreiner, sind die Jetons für den Croupier."

<- Tiefer Fall

Im Casino

"Nichts geht mehr!" Der Einsatz ist gemacht und die wei�e Kugel rollt. Keine gewöhnliche Kugel - sie ist aus Elfenbein gefertigt und hat einen Wert von 150 Euro.

Prunk und Pracht: in Baden-Baden wird an nichts gespart

Eben ein wenig extravagant wie so vieles im Casino Baden-Baden: Seit Edouard Benazet das Kurhaus 1855 umgestalten lie�, steht vor allem der Florentiner Saal mit seinen fünf goldenen Kronleuchter im Mittelpunkt der Spielleidenschaft. Marlene Dietrich und Fjodor Dostojewski sollen sich hier schon amüsiert haben. Heute kommen jährlich 290.000 Besucher ins Kurhaus, darunter auch Gäste, denen das Gespür für die richtige Mode etwas abhanden gekommen scheint.

Irene Nentwig rümpft die Nase. "Ein Abendkleid kombiniert mit Wollsocken oder die Krawatte mit Entenaufdruck - modisch gesehen muss man hier im Casino teilweise schon einiges ertragen."

<- In der Spielhalle

Fortuna bleibt regungslos

Eine Kugel im hölzernen Kessel. An der Wand wacht versteinert die römische Göttin Fortuna. Einzig das Glück entscheidet. In Abendgarderobe schleichen die Gäste über den weinroten Teppich. Die Kugel fällt. "32 - Rouge - Pair - Passe." Eine geballte Faust und viele enttäuschte Gesichter. Nur die Fortuna-Statue verharrt ausdruckslos auf ihrem Sockel.

Auf ein Neues: rien ne va plus

Plein, Cheval oder Carré - beim Roulette gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, sein Geld aufs Spiel zu setzen. Für manche ist es gar eine Wissenschaft: Auf einen Block notiert ein Mann penibel die letzten Zahlen, die auf einer Anzeige über dem Tisch aufleuchten. "Einige Gäste führen Statistiken und wollen so das Glück bezwingen", erklärt Croupière Irene Nentwig und runzelt die Stirn. Wohin die Kugel falle, das sei beim Roulette schlichtweg Zufall. Doch die Spieler lassen sich von ihren ganz eigenen Theorien nicht abbringen.

"Teilweise wird das eigene Glück sogar an einen bestimmten Croupier geknüpft." Irene Nentwig quasi als ganz persönliche Glücksfee? Sie schüttelt den Kopf und hebt beschwichtigend die Hände: "Am Spielausgang kann ich nichts beeinflussen."

<- Einarmige Banditen

Matthias Karpstein