Schönheit und Alter? Auf den ersten Blick haben die Begriffe nichts miteinander zu tun. Doch der zweite Blick zeigt: Man(n) und Frau können auch im Alter schön sein. Doch was bedeutet Schönheit im Alter? Dafür haben wir mit Best-Ager Models gesprochen, die auch im Alter mit ihrer Schönheit Geld verdienen. Außerdem werfen wir einen wissenschaftlichen Blick auf den Prozess des Alterns. Denn was passiert da eigentlich mit unserem Körper?
Sabine Rose ist 70. Seit zwei Jahren ist sie ein sogenanntes Best-Ager Models Als Best-Ager Models werden in der Regel Models im Alter zwischen 40 und 70 Jahren bezeichnet. . Wenn die Kamera klickt, ist Sabine Rose eine Familienoma, eine mobile Rentnerin oder hat plötzlich eine neue Frisur mit lila Highlights. Früher unterrichtete sie Kunst und Französisch an der Europäischen Schule in München.
André Danke. Nach dem Abitur steigt er ins Modelgeschäft ein. Wenn er vor der Kamera steht, entstehen Fotos für BMW, Mercedes, Uhrenmarken und unzählige Modelabels. Heute ist er 51 Jahre alt und gehört zu den sogenannten Best-Ager Models Als Best-Ager Models werden in der Regel Models im Alter zwischen 40 und 70 Jahren bezeichnet. .
Foto: Christian Krinninger
„Schönheit ist zu wissen, wer man ist“
André Danke. Nach dem Abitur ist er in das Modelgeschäft eingestiegen. Wenn er vor der Kamera steht, entstehen Fotos für VW, BMW, Mercedes, Uhrenmarken und unzählige Modelabels. Heute ist er 51 Jahre alt und gehört zu den sogenannten Best-Ager Models.
Schönheit als Business
Isola del Garda. Ein altes Holzboot bringt André Danke und die anderen Models auf die Insel zu einer Villa, umgeben von Gärten und einem Park. Sie ist der Spot für das heutige Shooting. Bei traumhaftem Wetter und umgeben von Natur klicken die Kameras. Der Panoramablick über den See macht sie zu einer einzigartigen Location. Kein Mensch da – das Team hat die ganze Insel für sich. „Das ist einer der Gründe, warum ich den Job mache. Du kommst an unglaublich schöne Orte, teilweise auch dahin, wo man normalerweise nicht hinkommt“, sagt André. Zusammen mit dem Fotografen, den er schon über 25 Jahre kennt, ist es für André wie ein Familienausflug. Das Einzige, was ihm an diesem Tag durch den Kopf geht, ist Dankbarkeit. Dankbarkeit für die Möglichkeit, an diesem Ort sein zu dürfen. Dankbarkeit dafür, dass er auf diese Art und Weise sein Geld verdienen darf.
Das was für viele andere wie ein Traum erscheint, hat durchaus Schattenseiten. Denn um den Modeltraum leben zu können, muss André mit Niederlagen umgehen können. „Es ist Teil des Jobs, abgewiesen zu werden. Ständig. Dass man bei zehn Anfragen auch neun Absagen bekommt, ist die Norm.“ Damit umzugehen, ist die Essenz.
05:30 Uhr. André startet seinen Tag mit Meditation. Neben dem Modeln ist André auch Yogalehrer. Die Ruhe, die er daraus gewinnt, versucht er auch vor der Kamera auszustrahlen. Er ist schon über 30 Jahre im Geschäft und hat darin seinen Lifestyle gefunden und sich im Laufe der Jahre ein eigenes Bild von Schönheit erarbeitet.
Das Bild, was einem von einem Model vermittelt wird, ist auf das Äußerliche reduziert. “Das wird von den Medien aufgebauscht“, sagt André. Das Modeln wird immer mit dem Zwang verbunden, auf irgendetwas verzichten zu müssen. Doch dieser Zwang macht viele Menschen innerlich unglücklich, meint André.
Im Alter, sagt André, ist es eher eine gewisse Zeitlosigkeit, die gefragt ist. Eine gewisse Klassik im Look. „Man muss die Ausstrahlung mitbringen für das, was der Kunde am Ende rüberbringen will.“ Das Einzige, was man machen könne, ist man selbst zu sein, natürlich aufzutreten und das entsprechende Selbstbewusstsein ausstrahlen. „Dann wird geschaut, ob man es schafft, zu vermitteln was vermittelt werden soll und den Markenkern zu transportiert.“ Mit ihrem steigenden Konsumverhalten werden „ältere Menschen“ zu einer immer wichtigeren Zielgruppe für das Marketing.
Deshalb tun sich für Models wie André Danke viele Möglichkeiten auf. Sie werden nicht nur für typische Altersprodukte gebucht. Und das sowohl verschiedene Studien zeigen, dass ältere Models in der Werbung stark unterrepräsentiert sind. André meint, solange er seinen Körper einigermaßen in Schuss hält, ist sein Äußeres nicht relevant. Im Prinzip ist es die Persönlichkeit, die Unternehmen buchen. Wenn man schon lange im Geschäft ist, klopfen natürlich auch die Agenturen an. André ist schon seit Jahrzehnten im Geschäft und kennt die Leute – die ganze Branche. Mittlerweile muss man sich als Model auch selbst vermarkten, zum Beispiel auf Social Media. „Instagram ist ja auch ein Portfolio, wo ich natürlich immer präsent bin und auch jeder drauf zugreifen kann.“
„Es ist eine Schönheit, die definiert sich nicht unbedingt durch den Körper und durch das Aussehen. Es ist eine Schönheit, die du in dir trägst und dann nach außen wiederspiegelst. Schönheit bedeutet zu wissen, wer du bist.“
Foto: Christian Holzknecht
Natürliche Schönheit im Alter
Um Schönheit auszustrahlen, kommt es aber gerade darauf an, sich in seinem Körper wohlzufühlen. Deshalb ist es für André wichtig, die Balance zu finden und bewusst zu entscheiden, was man in seinen Körper, aber auch in seine Seele rein lässt.
Gerade im Alter merkt man, dass der Körper anders auf äußere Einflüsse reagiert, als er es noch mit 20 getan hat. Es ist wichtig, seinen Körper auch dementsprechend zu behandeln. Seit 30 Jahren schwört André Danke auf dieselbe Rosencreme. „Ich mache auch mal eine Fastenkur, um einfach die Giftstoffe aus dem Körper zu kriegen.“ Sich auf Zwang jung zu halten, also vielleicht sogar mit Schönheitseingriffen nachzuhelfen, ist für André aber keine Option. Für ihn sind die schönsten Menschen diejenigen, die in Würde altern. „Sie sind es, die ein großes Selbstbewusstsein ausstrahlen und einfach wissen, wer sie sind. Diese Schönheit hat eben nichts mit äußerer Schönheit zu tun“, sagt André.
Die Definition von Schönheit
André erkennt die Schönheit darin, dass „schöne“ Menschen nichts ändern müssen, um andere davon zu überzeugen, dass sie schön sind. Eine gewisse Form von Selbstliebe ist etwas anderes als ein egozentrisches Aufbauschen der eigenen Persönlichkeit. Und wenn man in seiner Selbstliebe ist, bedeutet das, sich so anzunehmen, wie man ist. André findet sich genau aus diesem Grund schön. Ein Prozess, den er über lange Jahre durchlebt hat. Er akzeptiert sich.
Schönheit als Business
Dieser Prozess ermöglicht ihm, das Modeln als eine Chance zu sehen, die ihm hauptsächlich Freiheit schenkt. „Ich bin aus dem Alter raus, wo ich in diesem Bereich noch Ziele hatte“, sagt André. Modeln ist für ihn ein Job, der ihm Flexibilität gibt und bei dem sich in kurzer Zeit Geld verdienen lässt. Dadurch hat er mehr Zeit für andere Projekte, die ihm am Herzen liegen. Dazu gehört auch sein zweites Standbein als Yoga- und Meditationslehrer. Für André ist es ein großes Geschenk, diesen Job machen zu dürfen. Für ihn ist es aber kein Job, der sein Selbstbewusstsein spiegeln muss oder indem er irgendetwas erreichen muss. „Meine Werte liegen nicht in diesem Job. Ich identifiziere mich nicht darin, dass ich sage, von diesem Job hängt meine Glückseligkeit ab.“ Als Model wärst du dein eigener Unternehmer, meint Andre. Man kann zu jeder Anfrage „Ja“ oder „Nein“ sagen. Was man nicht vergessen darf, ist, dass André in vielerlei Hinsicht dem Idealbild eines Best-Ager Models entspricht. Seine anderen finanziellen Standbeine und jahrelange Erfahrung machen es ihm leicht auch mal Anfragen abzulehnen. Wenn die Bezahlung zum Beispiel unter seinen Vorstelllungen liegt. „Jeder Job muss eine gewisse Anerkennung des Wertes sein, den ich mitbringe.“ Für diese Jobs fährt André Danke kreuz und quer durch Europa.
Als Model alt werden
Dem Schönheits- oder Jugendwahn unterliegen viele – ihn gilt es zu reflektieren. In einer Studie der Robert Bosch Stiftung stimmten 40 Prozent der befragten Journalisten und Journalistinnen der Aussage zu, dass der Jugendwahn ein würdigendes Älterwerden in unserer Gesellschaft verhindert. 50 Prozent waren dagegen. Es ist die größte Illusion zu erwarten, nicht zu altern, meint Danke. In dem Moment, in dem ich erwarte, nicht zu altern, bin ich in einer so großen Diskrepanz zu dem, was ist, dass ich nur Schmerzen empfinde. Psychologische Schmerzen. Anzunehmen dessen, was ist, ist der natürlich Schlüssel. André tut das jeden Tag. „Natürlich sehe ich die Veränderung und merke sie körperlich. Wenn ich jetzt Sport mache, fühlt sich das anders an als vor 20 Jahren“. Doch jedes Alter hat seine Schönheit. Man wird eingeladen, bewusster mit seinem eigenen Körper umzugehen. Wenn man auf ihn hört, sagt der eigene Körper, was ihm gut tut und was nicht. Laut André sollte man immer auf sich selbst und nicht so viel auf die Meinungen Anderer achten. Man sollte sich nicht von Werbung, Medien oder Mainstream leiten lassen. Das Wichtigste ist, sich selbst treu zu bleiben. „Die meisten Älteren sind heute noch sehr aktiv, und für manche fängt das Leben nach dem Ruhestand erst richtig an“. Dieser Meinung sind Zweidrittel einer Umfrage in der Studie der Robert Bosch Stiftung. Dennoch freuen sich lediglich 31 Prozent der Deutschen darauf alt zu werden.
„Ich gehe sehr bewusst damit um, auch mit meinen grauen Haaren. Wir kommen hier auf den Planeten, um zu gehen. Das ist ein normaler Prozess.“
Was bedeutet es überhaupt zu altern?
Das Altern spielt sich in allen Bereichen unseres Körpers ab. Auf biologischer Ebene bedeutet es: Zellen, die im Laufe des Lebens Schaden nehmen. Der Körper und die Leistungsfähigkeit verändern sich. Daraus ergeben sich Auswirkungen auf die Psyche der Menschen. Ihre Einstellungen und Prioritäten verändern sich. Es ist ein Prozess, der von jedem anders verarbeitet werden muss.
Was sagt die Wissenschaft?
Wann sind Menschen attraktiv? Kann man im Alter überhaupt noch attraktiv sein?
Professor Dr. Martin Gründl ist Attraktivitätsforscher an der Hochschule Harz und beschäftigt sich mit Attraktivität in ihren verschiedensten Kontexten. „Alles, was jung aussieht, ist grundsätzlich attraktiv, und was Gesundheit ausstrahlt, ist etwas, was attraktiv macht“, sagt Martin Gründl. Auf der anderen Seite gibt es allerdings auch bestimmte Merkmale, die von der Kultur oder der jeweiligen Epoche abhängen. Gesellschaftlich werden Frauen in ihrer Attraktivität strenger bewertet. „Sich attraktiv zu fühlen und das wirkliche attraktiv sein, ist nicht das gleiche“, sagt Gründl.
„Das Altern ist ein natürlicher Vorgang der unvermeidbar ist. Ab 25 nimmt die Fruchtbarkeit bei Frauen rapide ab. Ab 30 Jahren bemerkt man, dass sich die Haut in ihrer Elastizität verändert. Ab 50 bemerken Frauen die ersten körperlichen Veränderungen – die Muskelkraft nimmt ab, die Leistungsfähigkeit und der Energieumsatz.“ -Ulrike Winkler, Frauenärztin
„Frauen sind mit 50 nicht unbedingt mehr fortpflanzungsfähig. Mit der Menopause gehen verschiedenste Veränderungen einher. Frauen sind anfälliger für Krankheiten, wie Osteoporose, die direkt mit den hormonellen Veränderungen der Menopause in Verbindung stehen.“ -Sebastian Grönke, Biologe
„Die Lebenserwartung von Frauen ist höher als die von Männern. In Deutschland ist die Lebenserwartung bei Frauen von 83 Jahren deutlich höher als 78 Jahre bei Männern. Frauen haben im höheren Alter aber auch mehr Krankheiten und nehmen mehr Medikamente.“ -Sebastian Grönke, Biologe
„Der Alterungsvorgang bei Männern ist kontinuierlich. Der Testosteronspiegel geht langsam nach unten. Es gibt keine Stufen oder einen Knick, an dem der Alterungsprozess einsetzt.“ – Prof. Dr. Christiane Bayerl, Dermatologin
„Ab 50 müssen Männer mit ihren Funktionseinbußen zurechtkommen, die langsam sichtbar werden. Das ist das körperliche Altern. Damit sind Männlichkeit, Stärke und Kraft assoziiert.“ -Eckart Hammer, Professor für soziale Gerontologie
Die Biologischen Unterschiede sind der Grund, warum Männer und Frauen unterschiedlich altern. Auch bei Männern sinkt der Testosteronspiegel im Alter. Das ist für Männer allerdings nicht mit so großen Konsequenzen verbunden wie für Frauen. Der Testosteronspiegel bei Männern fällt langsamer ab. Zeugungsfähigkeit und Potenz bleiben beim Mann bis ins hohe Alter erhalten.“ -Ulrike Winkler, Frauenärztin
„Das Altern ist ein natürlicher Vorgang der unvermeidbar ist. Ab 25 nimmt die Fruchtbarkeit bei Frauen rapide ab. Ab 30 Jahren bemerkt man, dass sich die Haut in ihrer Elastizität verändert. Ab 50 bemerken Frauen die ersten körperlichen Veränderungen – die Muskelkraft nimmt ab, die Leistungsfähigkeit und der Energieumsatz.“ -Ulrike Winkler, Frauenärztin
„Frauen sind mit 50 nicht unbedingt mehr fortpflanzungsfähig. Mit der Menopause gehen verschiedenste Veränderungen einher. Frauen sind anfälliger für Krankheiten, wie Osteoporose, die direkt mit den hormonellen Veränderungen der Menopause in Verbindung stehen.“ -Sebastian Grönke, Biologe
„Die Lebenserwartung von Frauen ist höher als die von Männern. In Deutschland ist die Lebenserwartung bei Frauen von 83 Jahren deutlich höher als 78 Jahre bei Männern. Frauen haben im höheren Alter aber auch mehr Krankheiten und nehmen mehr Medikamente.“ -Sebastian Grönke, Biologe
„Der Alterungsvorgang bei Männern ist kontinuierlich. Der Testosteronspiegel geht langsam nach unten. Es gibt keine Stufen oder einen Knick, an dem der Alterungsprozess einsetzt.“ – Prof. Dr. Christiane Bayerl, Dermatologin
„Ab 50 müssen Männer mit ihren Funktionseinbußen zurechtkommen, die langsam sichtbar werden. Das ist das körperliche Altern. Damit sind Männlichkeit, Stärke und Kraft assoziiert.“ -Eckart Hammer, Professor für soziale Gerontologie
Die Biologischen Unterschiede sind der Grund, warum Männer und Frauen unterschiedlich altern. Auch bei Männern sinkt der Testosteronspiegel im Alter. Das ist für Männer allerdings nicht mit so großen Konsequenzen verbunden wie für Frauen. Der Testosteronspiegel bei Männern fällt langsamer ab. Zeugungsfähigkeit und Potenz bleiben beim Mann bis ins hohe Alter erhalten.“ -Ulrike Winkler, Frauenärztin
Früher hat sie davon geträumt, ein Model zu werden. Angefangen hat sie nach der Pensionierung. Mit Freunden hat sie ihre ersten Fotos gemacht: „Ich lauf jetzt einfach und du drückst jetzt immer ab und ich rede einfach so drauf los“. Am Anfang war es ihr unangenehm vor der Kamera. Jetzt hat sie sich daran gewöhnt und es macht ihr Spaß.
Auf Instagram macht sie einen Blog. Sie möchte Frauen zeigen, dass man im Alter nicht nur in Sack und Asche rumrennen muss. Man kann auch Neues kaufen und anders kombinieren. In ihrer Instagram Biografie beschreibt sie sich selbst als „Seniormodel with a young spirit“ – also ein Best-Ager Model mit einer jungen Seele. Auf jenem Instagram-Kanal wurde sie von einer Redakteurin angeschrieben, die sie darauf brachte, dass sie auch als Model arbeiten könnte. Daraufhin hat sie sich bei einer Modelagentur beworben. Drei Wochen später die E-Mail: „Danke für deine Bewerbung, aber wir würden dich gerne persönlich kennenlernen. Wir melden uns, wenn wir Zeit haben.“ – Sabine Rose denkt sofort an eine Absage, doch sie wollen sie wirklich kennenlernen.
Der Einstieg ins Business
Heute bewirbt sich Sabine über E-Castings für ihre Jobs. Von Zuhause aus dreht sie Videos, in denen sie sich vorstellt und kleine Werbeszenen dreht. Für einen Werbefilm an Weihnachten sollte sie nur an einem Tisch sitzen und fröhlich sein. Am Ende wurde ein Model für den Job ausgewählt, das ganz anders aussah als Sabine. Warum man nicht ausgewählt wird, erfährt man nicht. Früher hätte sie das geknickt, heute nicht mehr.
Ihr Ziel mit dem Modeln ist es, Leute kennenzulernen und Spaß haben.
Sabine findet sich selbst nicht schön. Sie fühlte sich immer nur dann schön, wenn sie richtig schlank war. Den Grund dafür sieht sie in ihrer Erziehung.
Sie findet androgyne Frauen schön, so wie die französische Sängerin Françoise Hardy. Auch durch ihren früheren Beruf als Kunst- und Französischlehrerin an der Europäischen Schule in München hat sie einen ästhetischen Anspruch. In ihrem Beruf war sie sehr schlank. Mit 50 konnte sie noch alles tragen. Im Winter zum Beispiel – flache Schuhe mit einer dicken Strumpfhose. Die Haare reichten ihr über die Schultern und waren gefärbt. Als Sabine auf einem Stuhl steht, um Bilder aufzuhängen, sagt eine Kollegin zu ihr, sie sehe von hinten aus wie eine Schülerin. „Da dachte ich mir irgendwann mal, das will ich gar nicht.“ Sabine lässt ihre grauen Haare rauswachsen, verzichtet im Sommer auf Shorts, Sommerkleidchen und Spaghettiträger. Es wirkt wie ein Zwiespalt, in dem sie sich befindet. Trotzdem empfindet Sabine das alt werden als schön.
Der eigene Körper als Herausforderung
„Entweder ganz nackt oder es geht nach Hause.“ Das hört Sabine Rose erst, als sie vor dem kleinen Barhocker und der weißen Leinwand steht. Es sollte ein Shooting für die Frauen-Zeitschrift Donna sein, die den Anspruch hat, irgendwie kritischer zu sein. Sie wollen Sabine Rose sofort, ohne Casting. Es soll darum gehen, sich in seinem Körper wohlzufühlen. „Das fühlte ich mich überhaupt nicht, noch nie richtig“, meint sie heute. Trotzdem sagt sie dem Shooting zu, weil sie denkt, sie könnte sich doch etwas überziehen. Doch als sie ankommt, heißt es nackt – ganz nackt.
Mit den Armen um die Beine geschlungen sitzt die 71-Jährige auf dem Hocker, muss von Pose zu Pose wechseln und dabei so natürlich wie möglich aussehen. Wenn die Kamera klickt, lacht Sabine. Wider Erwarten hat sie Spaß bei dem Shooting, doch danach denkt sie: „Das kommt jetzt in die Zeitung, hoffentlich so ein kleines Bild mit Text.“ – Doch als sie sich die Donna kauft und darin blättert, sieht sie sich. Ganz groß, fast die ganze Seite und nur ein kleiner rosa Text daneben, der sagt: „Ich habe immer mehr in Gesundheit als in Schönheit investiert.“ Stolz ist Sabine nicht. Sie sieht all ihre Makel. Erst ein paar Monate später findet sie es selbst schön.
„Von außen ist Schönheit makellos. Aber das vergeht. Am wichtigsten ist es eine Ausstrahlung zu haben und dass man innerlich schön ist. Ich nenne das: eine schöne Seele.“
Foto: Ralph Geiling
Schönheit ist nicht etwas, was man einfach so hat. Für Schönheit muss man arbeiten. Das bedeutet einerseits, sich gut zu ernähren und Sport zu machen. Auf der anderen Seite heißt das aber auch, etwas für die Seele zu tun. Sabine meditiert zweimal am Tag für 20 Minuten. Man muss zu seiner Schönheit finden. Je früher man damit anfängt, desto besser.
Modelerlebnis Budapest
Für eine internationale Marke, die Haarfärbeprodukte herstellt, war Sabine Rose im letzten Jahr genau der richtige Typ. Für drei Tage geht es für sie mit anderen Models nach Budapest. In Millimeterarbeit werden ihre Haare bis kurz unters Ohr gestutzt, – einen Pony bekommt sie auch. Als Highlights macht man ihr lila Strähnchen. Sabine Rose findet das aufregend – für sie ist diese Zeit eines ihrer schönsten Modelerlebnisse. Auch die anderen Models bekommen neue Frisuren. Zusammen mit einer jungen Frau mit einem gelben Kurzhaarschnitt post Sabine Rose vor der Kamera bei 40 Grad. Sie trägt ein schwarzes Plastikkleid, eine grüne Kunststoffjacke und eine große blaue Sonnenbrille mit verdunkelten Gläsern. Auf den Bildern wirken die Frauen wie aus einem anderen Universum.
„In meinem Job geht es nicht ums Aussehen, es geht um den Typen, den sie suchen.“
Foto: Ralph Geiling
Positiv alt werden
Sabine Rose: empathisch, offen und herzlich. Eine Frau, die mit 71 vitaler und aktiver ist als viele weitaus Jüngere. Ihre Aura: eine lässige Lebensleichtigkeit. Wenn sie von weitem auf einen zukommt, mit Cap und Sonnenbrille, merkt man eines: Sabine Rose hat Stil. Vielleicht liegt es daran, dass sie ihr Leben lang immer mit jungen Leuten zu tun hatte. „Ich habe mit 28 noch immer gedacht, ich sei 18.“ Auch bis sie 56 war, war Sabine Rose topfit. „Da bin ich auch noch in Clubs gegangen.“ Doch mit Ende 60 realisiert sie, dass das wahrscheinlich das letzte Drittel ihres Lebens ist. Sie beschließt, nochmal etwas Neues zu erleben: das Modeln.
Das Schöne am Altwerden, ist es frei zu leben. Frei leben könne man erst, wenn man nicht mehr berufstätig sei und man selbst sein Leben bestimmen könne. Man wird gelassener. Aus einer Befragung des Institutes für Demoskopie Allensbach geht hervor, dass Journalisten fordern, das Leben im Alter chancenorientierter darzustellen und die Potentiale der Älteren stärker zu betonen. Sabine möchte nichts mehr machen, wo sie zu einem bestimmten Zeitpunkt regelmäßig sein muss. Und genau das hat sie im Modeln gefunden.
Sofia Löffler
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