Reporter in Krisengebieten

 

Ein Leben, zwei Welten

Katastrophen und Kriege lassen Menschen fliehen. Wer kann, versucht der Gewalt und dem Leid zu entkommen. Weit weg, so schnell wie möglich. Doch es gibt Menschen, die gerade wegen einer Katastrophe oder eines Krieges in ein bestimmtes Land oder eine bestimmte Region kommen. Menschen, die mit Kamera und Notizblock in diese Gebiete fahren – Reporter in Krisengebieten.

Sie erleben Szenen, die mit der Realität der meisten Deutschen nichts zu tun haben. Krieg ist für die meisten Deutschen etwas vollkommen Fremdes: tote Kinder, aufgereiht in einem Dorf in Äthiopien. Verrottete Leichen in Syrien. Türkische Städte, vom Erdbeben vollkommen zerstört.


Portrait Andy Spyra (Foto: Privat)
Andy Spyra

31 Jahre
Freischaffender Fotojournalist

http://www.andyspyra.com

Neben Aufträgen in Asien, Afrika und Europa arbeitet er an Langzeitprojekten
in den Balkanstaaten und im Nahen Osten.

Portrait Till Mayer (Foto: Privat)
Till Mayer

43 Jahre
Redakteur beim Obermain-Tagblatt

http://www.tillmayer.de

Früher war er als Fotograf für längere Zeit im Ausland unterwegs.
Neben seinem Job als Redakteur fotografiert er heute in Krisengebieten in
Asien, Afrika und Europa. Außerdem hat er ein Hilfsprojekt in der
Ukraine ins Leben gerufen.


Die Geschichte hinter den Bildern

Einsteins hat die Fotografen Andy Spyra und Till Mayer getroffen. Beide vermeiden den Begriff „Kriegsreporter“. Weil es ihnen darauf ankommt, nicht nur die Gewalt zu zeigen, sondern vor allem die Geschichten der Menschen zu erzählen, die in den tagesaktuellen Nachrichten keinen Platz haben. Einsteins hat nach den Geschichten und Emotionen hinter deren Bildern gefragt.


Ein Leben, eine Wanderung

Seit über zehn Jahren sind Andy Spyra und Till Mayer als Journalisten im Ausland unterwegs, pendeln ständig zwischen hier und dort. Zwischen Deutschland und Afghanistan, Uganda, Nepal und Bosnien. Von Ruanda nach Nigeria, weiter in den Kosovo und die Ukraine. Und dann wieder zurück. Die Aufenthalte im Ausland sind von unterschiedlicher Dauer: mal eine Woche, mal einen Monat, mal ein Vierteljahr.

Seit 2012 waren die beiden zusammengerechnet in 26 Ländern, in einigen auch mehrmals.

Sobald die Reporter in Krisengebieten einen Auftrag abgeschlossen haben, kommen sie zurück nach Deutschland. Zurück in das Land, das ihre Heimat ist. Zurück in die andere, friedliche Welt. Doch das Leben zwischen diesen beiden Welten ist nicht immer einfach.

Sich ein stabiles Familienleben, einen festen Freundeskreis aufzubauen, ist schwer, wenn man ständig im Ausland unterwegs ist, teilweise mehrere Monate lang. Vom Krisengebiet den Schalter auf den deutschen Alltag umzulegen, ist immer wieder eine Herausforderung. Vom Gazastreifen direkt zum Ponyreiten mit der eigenen Tochter oder zum Public-Viewing mit den Kumpels. Die Probleme der eigenen Freunde können plötzlich banal wirken.


Ein Leben, viele Bilder

Reporter in Krisengebieten wissen, was Krieg ist. Ihre Erfahrung und ihr Hintergrundwissen unterscheidet sie von den meisten Leuten hierzulande. Sie wissen, wie Terrorismus entsteht und was er anrichten kann. Sie wissen, warum sich zwei Staaten bekämpfen, kennen die Hintergründe der Kriege. Sie wissen, warum Menschen Hunger leiden müssen. Nicht wie belehrende Besserwisser rüberzukommen – das mussten auch Andy Spyra und Till Mayer erst lernen.

Im Gespräch mit Einsteins erzählen sie von ihrem Leben als Fotografen in Krisengebieten, von ihrer Motivation und der Arbeit.  Sie reden vom ‚Heimkommen’ und vom Gefühl, sich doch hin und wieder fremd zu fühlen in Deutschland – der eigentlichen Heimat.

Und manchmal macht es Klick! Dann bist du im Kopf auf einmal wieder im Irak.

Andy Spyra

Ich bin nicht traumatisiert, aber ich habe schon Bilder im Kopf, die traurig sind und bleiben.

Till Mayer


Das Wichtigste: die Botschaft der Bilder

Neben Andy Spyra und Till Mayer hat sich Einsteins noch mit einem dritten Reporter in Krisengebieten getroffen: Marc Hofer. Über ihn hat Einsteins einen Film gedreht und ein Portrait für das Einsteins-Magazin geschrieben. Bei den Gesprächen mit den drei Journalisten ist aufgefallen, dass sie oft die gleichen Themen bewegen:

  • Der Ärger darüber, dass die Menschen in Deutschland immer unpolitischer werden und – selbst manche der eigenen Freunde – das Unrecht in der Welt einfach hinnehmen.
  • Spyra, Mayer und Hofer prangern die Oberflächlichkeit der Berichterstattung an. Sie stört, dass immer weniger Medien mit Tiefe und Hintergrund berichten. Deshalb erzählen sie immer wieder die „vergessenen Geschichten“.
  • Sie alle lernen von den Menschen, die sie durch ihren Beruf treffen, viel für sich selbst. Sie lernen das zu schätzen, was sie haben.
  • Was sie verbindet sind die Früchte ihrer Arbeit: Bilder, mit denen sie ihr Geld verdienen und die sie für immer im Kopf behalten werden. Bilder, die kommen, wenn man auf Partys geht oder mit Kumpels grillt. Bilder, mit denen die Journalisten leben müssen. Und leben wollen.

Das alles sind Gemeinsamkeiten, die Till Mayer, Andy Spyra und Marc Hofer verbinden, obwohl ihre Lebensstile sehr unterschiedlich sind. Der eine hat Familie und ist trotzdem häufig im Ausland. Der andere hat einen festen Job in Deutschland und nutzt seinen Urlaub, um im Ausland zu fotografieren. Und der dritte reist fast ausschließlich von Krisengebiet zu Krisengebiet. Der eine wohnt im Ruhrpott, der andere im beschaulichen Bamberg und der dritte hat gar keine eigene Wohnung.

Aber alle drei sind sich einig: Das wichtigste an ihrem Beruf ist die Botschaft ihrer Bilder. Zu zeigen, was Krieg ist, was er mit Menschen macht und welche Auswirkungen er auch nachträglich noch hat. Nur wenige Menschen in Deutschland haben den Krieg im eigenen Land noch miterlebt.

Bei Ausstellungen in Schulen und Vorträgen an Universitäten wollen sie mit Bildern die Botschaft gerade auch an junge Menschen herantragen und Geschichten von Menschen erzählen, die an Orten leben, die sich sehr von Deutschland unterscheiden.


 

Autor: Kevin Ebert

Sonstige Mitwirkende: Lennart Bedford-Strohm, Nina Habres, Luisa Szabo

Titelbild: Fotomontage von Luisa Szabo

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