Drumherum

Ob Kappe, Schal, Armreif oder Sportschuh – Accessoires gibt es von Kopf bis Fuß. So manches schmucke Beiwerk hat eine lange Tradition, an die sich heute kaum einer mehr erinnert.

Das Palästinensertuch

Adidas war gestern, heute trägt man Arafat. Das vom verstorbenen PLO-Chef populär gemachte Palästinensertuch bekommt man jetzt wieder an jeder Straßenecke. Die politische Vergangenheit des kurz Pali genannten Tuchs scheint dabei auf der Strecke geblieben zu sein. Eine Straßenumfrage unter Jugendlichen zeigte, dass die meisten das Pali tragen, weil es schick ist oder „weil ich grade keinen anderen Schal hatte“. Vielleicht kehrt das Pali aber gerade auch nur zu seinen unpolitischen Wurzeln zurück. Denn die Kufi ya – wie das Tuch eigentlich heißt – schützte anfangs lediglich arabische Beduinen vor Sonne und Sand. Erst ab den Dreißigern galt sie als Symbol arabischer Identität. Die Linken übernahmen daraufhin die Halstuchvariante des Pali als Solidaritätszeichen gegenüber den Palästinensern. Die Rechten wiederum verwenden es heute als Anti-Israel-Symbol. Für den Rest in der Mitte ist es jetzt Trend. Der Modeindustrie kann das nur recht sein. Sie verkauft die Kufiya mittlerweile in allen möglichen Varianten: aus Baumwolle oder Kaschmir, klassisch schwarz-weiß, pink oder mintgrün.

Der Nietengürtel

Der Nietengürtel – breit, schwer und tief auf den Hüften gibt er heute nicht nur Lack- und Lederkluft von Rockern und Punks den letzten Schliff. Laut Modeforscherin Ingrid Loschek symbolisiert er die enge Verbindung zwischen Sexualität und Gewalt. Schon im Mittelalter stellten die Herren Ritter mit metallbeschlagenen Waffengürteln ihre Macht zur Schau. Wer den Gürtel ablegte, der zeigte Schwäche und unterwarf sich. Dem Volksglauben nach konnten außerdem bestimmte magische Gürtel ihren Trägern übermenschliche Stärke und große Manneskraft verleihen. Bei Altrocker Mick Jagger scheint es mit dem breiten Hüftgürtel auf jeden Fall geklappt zu haben, schließlich hat der ja sieben Kinder.

Die Buttons

„Bitte nicht füttern“, „Sag ja zu nein“ und „Born to be sexy“ – sie sind klein, rund und mit frechen Sprüchen peppen sie jedes Outfi t auf. Gemeint sind die sogenannten Buttons oder Ansteckplaketten, wie es im Bürokratendeutsch so schön heißt. Die Blechplättchen, deren Durchmesser traditionell mit einem Inch festgelegt ist, schmücken seit Anfang der Achtziger als Mini-Meinungsträger die Revers. Mit Buttons wie „Atomkraft? Nein danke!“ versuchten anfangs Bürgerinitiativen ihre politische Überzeugung in ie Welt hinauszutragen. Heute dagegen haben Nonsens-Buttons à la „Push he button“ den Meinungsbutton weitgehend verdrängt. Nur keine Regel ohne Ausnahme: Eine belgische Schulleiterin verordnete jedem rauchenden Schüler einen Button. Das Motiv zeigt zwei pechschwarze Raucherlungen mit dem Text „So dürfen meine Lungen aussehen“.

Die Chucks

Die französische Vogue-Chefi n trug sie schon in Mailand und Kurt Cobain angeblich bei seiner Überdosis: Chuck Taylor All Stars – die beliebtesten Turnschuhe der Welt. Als die Firma Converse sie 1917 auf den Markt brachte, waren die schwarzen Segeltuchschuhe mit Gummisohle eigentlich nur fürs Basketball gedacht. Als Namensgeber und Werbeträger kam dann der Basketballspieler Chuck Taylor ins Spiel, der den All Stars nicht nur Popularität, sondern auch den runden Aufnäher als Markenzeichen verpasste. In allen Regenbogenfarben gibt es die Chucks erst seit 1966. Sonst hat sich am Design aber nicht viel getan. Das liegt vielleicht auch daran, dass man das Leinen selbst ganz gut bemalen kann, egal ob mit Flowerpower-Motiven oder Anarchosprüchen. Auf Chucks verzichten muss heute niemand mehr. Es gibt sie von Größe 17 für sechs Monate alte Babys bis Größe 53 für Bigfoot.

Das Solidaritätsband

Eigentlich wollte Radprofi Lance Armstrong ja nur mit gutem Beispiel vorangehen, als er 2004 bei der Tour de France mit einem quietschgelben Gummiarmband für seine Krebsstiftung Werbung machte. Dass sich aus den Silikonbändern ein langfristiger Modetrend entwickeln würde, damit hatte er wohl nicht gerechnet. Mittlerweile hat sich jedes nur erdenkliche Hilfsprojekt eigene Bänder angeschafft: schwarz-weiße Doppelbänder gegen Rassismus, lila für Tierschutz, blau gegen Mobbing und „made in Taiwan“ für die asiatische Plagiatindustrie. Wer die Bändchen für kompletten Schwachsinn hält, der trägt übrigens ein schwarzes.

Das Bandana

Vermummte Postkutschenräuber gehören zu jedem Westernstreifen. Ebenso das Tuch, das sich die Banditen über Mund und Nase ziehen. Diese gefalteten Tücher, Bandanas genannt, haben sich genauso zum Kassenschlager entwickelt wie die Wild-West-Filme. Nur sind sie mittlerweile vom Hals an den Kopf gewandert, was oft zur falschen Annahme führt, sie seien das Erbe irgendwelcher Südseepiraten. Tatsächlich reistedas ehemals indische Seidentuch mit der Ostindischen Handelskompanie über Großbritannien ins frisch besiedelte Amerika ein. Als Mundschutz, Schweißtuch oder Sonnenschutz wurde es dort zur „Krawatte der Arbeiterklasse“. In den Neunzigern griffen dann die Straßengangs auf die Banditentücher zurück und markierten mit verschiedenfarbigen Bandanas ihre Gangzugehörigkeit. Selbst die eigentlich kopftuchfreie Evangelische Kirche hat das Bandana für sich entdeckt und wirbt für den Kirchentag 2009 mit einem Kirchtagsbandana und dem Spruch: „Bewahrt einen kühlen Kopf bei heißen Events.“