O'zong is'!

Wie kein anderes Kleidungsstück steht die Lederhose für die Tracht des Voralpenlandes. Doch sie ist keineswegs nur ein Relikt aus Heimatfilmen der Fünfzigerjahre. Heute ist die Lederhose schwer in Mode - zur Traditionspflege, als Designerstück oder Statussymbol.

 

Die Weitgereiste

Viel in der Welt herumgekommen sind die Lederhosen von Hans Auer, 53, aus Hammerau. Seine liebste: eine zwanzig Jahre alte Hose aus Hirschleder. „Die ist zwar abgewetzt, dafür passt sie ideal“, erklärt er. Mit ihr stand er 1999 neben Franz Beckenbauer in Zürich bei der Abgabe der deutschen Bewerbung für die Fußball WM 2006 und dann bei der Auslosung der WM-Gruppen in Frankfurt. Als Experte für Volksmusik war er mit der Hose bei Johannes B. Kerner und in Stern TV zu sehen. Der ungewöhnlichste Einsatz: ein Ziehharmonika-Seminar für den Nordamerikanischen Trachtenverband nahe Seattle an der Westküste der USA. Hans Auer trägt sie auch zum Schuhplatteln – das zeigen die speckigen Stellen an den Oberschenkeln.

Die Alte

Im Trachten-Informations-Zentrum des Klosters Benediktbeuern sammelt Andreas Wandinger Lederhosen aus vergangenen Zeiten. Diese Hose von 1860 stammt aus dem Aichacher Land. Ihr Besitzer war ein Großbauer, und er muss ziemlich reich gewesen sein: Umgerechnet auf die heutige Zeit würde sie etwa 4000 Euro kosten. Dass der Besitzer die Hose dreißig Jahre lang getragen hat, sieht man ihr nicht an. Sie wurde sehr gut behandelt und dementsprechend ist sie erhalten. Wandinger weiß, wie man richtig mit einer Lederhose umgeht: „Egal, was der Volksmund sagt: Eine Lederhose gehört gewaschen wie jedes andere Kleidungsstück.“ Die beste Methode, sie gut in Schuss zu halten, ist und bleibt aber, sie möglichst oft zu tragen.

Die Vererbte

Um die siebzig Jahre ist die Hose aus Hirschleder alt und seit drei Generationen im Besitz der Familie Schnedl aus der Obersteiermark. Nun führt Uli, 29, die Familientradition weiter, indem er sie möglichst oft zur Arbeit anzieht. „Die Hose ist echt bequem, unkompliziert und vor allem muss sie nicht unbedingt gewaschen werden“, erzählt der Tontechniker vom Bayerischen Rundfunk in München. Dabei hat die Hose schon viel mitgemacht: „Das ist einfach eine Bauernhose, nichts für den Sonntag.“ Leicht zu erkennen, dass sie oft bei der Arbeit getragen wurde – über und über ist sie mit Pechflecken und Brandspuren übersät. Uli trägt die Lederhose trotzdem mit Stolz. Getreu der Tradition will er seine Beinkleider auch weitergeben: „Irgendwann kriegt sie mein Nachwuchs. Aber bis dahin trage ich sie noch ein paar Jahre.“

Die Unechte

Was macht ein leidenschaftlicher Tierfreund, der streng gegen Kleidung aus Leder ist, aber trotzdem gerne mal im traditionellen Outfit auftritt? Ersatz muss her für die Hose aus Leder. So eine „Ersatzlederhose“ gibt es im Gwandhaus im noblen Süden Salzburgs. Hanflederne heißt das Stück und besteht ganz aus Hanf. Die Idee: die ursprüngliche Form der Tracht erhalten und das mit natürlichen und manchmal auch ausgefallenen Materialien. Die Verzierungen auf der Hose sind handgestickt und mit Wolle ausgestopft. Der Hanf stammt aus speziellen Anbaugebieten in Italien und Russland. Der Aufwand hat aber auch seinen Preis: Um die 500 Euro muss der Fan der Öko-Hose auf den Tisch legen. Zum Vergleich: Eine Lederhose, wie sie von den meisten Leuten einmal im Jahr zum Oktoberfest getragen wird, kommt auf etwa 200 Euro.

Die Exklusive

Glücklich schätzen kann sich jeder, der eine der absolut limitierten Luxus-Lederhosen der Firma Wohlmuther aus Bad Mitterndorf in der Steiermark besitzt. Nur drei Stück gibt es weltweit davon – jede für einen stolzen Preis von 85 000 Euro. Statt aus Knochen sind die Knöpfe hier aus Granat, Smaragd und Brillant, die Applikationen aus Silber und Platin. Die Idee hinter der Hose ist für Christian Wohlmuther, „ein Einzelstück für einen Liebhaber zu schaffen“. Eine der Hosen trägt ein Bayer in Dubai, eine ein Österreicher und die dritte dient als Schaustück. Solche Liebhaber mit viel Geld gibt es weit mehr als drei. Aber: „Würdige Träger gibt es nur wenige.“ Deshalb entscheidet der „freie Kleiderarchitekt“ auch nach dem Gesicht des potentiellen Käufers, ob er für ihn mit viel Edelsteinen und Herzblut eine solche Hose herstellt:  „Wenn ich ein solches Luxusteil für jemanden fertige, dann ist es, wie wenn ein Maler eines seiner Gemälde verkauft.“

Die Urige

Für eine richtig urige Lederhose muss man vor allem eines mit zu Alois Lahner nach Teisendorf bringen: Zeit. Rund ein halbes Jahr braucht der 72-jährige Rentner, um eine kurze Lederhose in Handarbeit anzufertigen. Preis: etwa 500 Euro. Dafür hat kaum ein Säckler so viel Erfahrung wie Lahner. Seit fünfzig Jahren arbeitet er im Familienbetrieb, der schon seit 125 Jahren in der sechsten Generation besteht. „Das Tolle an einer Lederhose ist, dass sie immer gut aussieht“, meint der Fachmann. Außerdem hält jede seiner Hosen „leicht zwei Generationen lang“. Qualität ist Alois Lahner wichtig: Er verwendet nur Hirschleder, „weil es das Edelste ist, was man kriegen kann“. Das Leder von zwei Hirschen braucht Lahner für eine Hose. „Die Tiere müssen aus der gleichen Gegend kommen und zur gleichen Zeit geschossen worden sein. Ein Hirsch aus Berchtesgaden und einer aus Bad Tölz werden nie die gleiche Färbung haben.“ Früher stellte der Familienbetrieb an die zehn Hosen pro Woche her, jetzt muss Alois Lahner alles alleine machen: schneidern, glätten, sticken, nähen. Doch lange wird es den Familienbetrieb nicht mehr geben. Keines seiner fünf Kindern will ihn übernehmen. „Es ist schade, dass die Tradition mit mir aufhört.“ 


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