„Frauen lieben Mode, Männer kaufen Kleidung“, lautet das Fazit des MediaReport Mode aus dem Jahr 2006. Während Frauen mehr Mode konsumieren als sie eigentlich brauchen, gehen Männer erst einkaufen, wenn ihnen etwas kaputt gegangen ist.
Frauen geben mit 40 Milliarden Euro im Jahr doppelt soviel Geld für Kleidung aus wie Männer, so informiert das Jahrbuch der Textilbranche. Sie integrieren die Mode auch viel stärker in ihr Leben: Sie konsumieren Modemagazine, schauen sich Serien wie „Sex and the City“ an, in denen Mode eine große Rolle spielt, und gehen oft nur zum Vergnügen an den Schaufenstern vorbei. Kaum ein Mann geht nur einfach so durch die Einkaufsstraße. Doch das Interesse der Männer an Mode war nicht schon immer so gering.
Herren mit Rüschen
„Wir halten Mode heute für weiblich und denken, das sei schon immer so gewesen“, wundert sich Sabine Resch, Studienleiterin für Modejournalismus und Dozentin für Modetheorie von der Akademie Mode & Design (AMD) in München. Dabei seien Frauen und Mode erst seit relativ kurzer Zeit ein unzertrennliches Paar. „Seit der französischen Revolution ist die Frau der Modeträger, aber vorher war der Mann viel modischer als die Frau. Er trug hier eine Rüsche und da eine Schleife“, beschreibt Resch. Nach der Revolution kleideten sich die Männer dann immer sachlicher und es entstand die modisch eher dezente Businesskleidung, die bis heute getragen wird.
Frauen aber konsumierten die Mode von da an, um den erarbeiteten Reichtum ihrer Männer zu präsentieren. Das war durchaus mit Mühe verbunden, wie die Modesoziologin Elisabeth Hackspiel-Mikosch von der Hochschule Niederrhein erklärt: „Die Frauenmode veränderte sich häufiger und Mode für Frauen war teilweise auch beschwerlich. Die Frauen waren immer mehr damit beschäftigt, schön zu sein, und die Männer machten die Geschäfte.“
Feine Unterschiede
Während Frauen sich modisch oft sehr unterscheiden, kleiden sich die meisten Männer auf den ersten Blick recht ähnlich. Im beruflichen Alltag dominiert der klassische Anzug in dunklen oder gedeckten Farben. Doch auch Männer durchbrechen das einerlei, sie machen es allerdings viel subtiler als Frauen. Modesoziologin Hackspiel-Mikosch beschreibt das so: „Es gibt bei der Männermode feine Unterschiede, die etwas über ihren Status verraten. Man bemerkt sie nur, wenn man sich auskennt." Das gelte beispielsweise für Uhren. "Dass eine Uhr sehr teuer war, merkt man nur, wenn man etwas von der Sache versteht.“ Auch auf maßgeschneiderte Anzüge legen Männer eines bestimmten Status' wert – was aber nur der geschulte Blick erkennt. Männer wollen also ihre Position nicht für alle offensichtlich ausdrücken, sondern passen sich lieber unauffällig ihrem Umfeld an. Das könne man auch im Alltag beobachten, bemerkt Hackspiel-Mikosch: „Gehen Sie mal an eine Technische Hochschule - die angehenden Ingenieure tragen alle karierte Hemden.“
Männer im Visier
Resch findet, dass Männer wieder modebewusster werden. „Das Modeverhalten von Männern nimmt eindeutig zu. Noch vor einiger Zeit galt ein modisch interessierter Mann als Gockel oder als Schwuler. Da sind wir heute insgesamt lockerer geworden.“ Als besonderen Trend erwähnt sie das Make-Up für den Mann, das sich langsam durchsetzt. Vorreiter für diesen Trend sind wie so oft Prominente, ergänzt Hackspiel-Mikosch: „Idole wie David Beckham, die Schmuck tragen und sich schminken, sind Ausdruck unserer postmodernen Zeit, in der jeder alles tragen kann. Hier werden Frauen- und Männerrolle bewusst infrage gestellt.“
Vielleicht ist es ein gutes Zeichen für die berufliche Gleichstellung der Frau, dass die Männer modisch aufholen. Die Männer der Zukunft verbringen dann morgens mehr Zeit vor dem Spiegel und dem Kleiderschrank - und die Frauen können unterdessen schon mal die Geschäfte machen.
Foto von Magnus Kleditzsch