Klaus Heine über Luxus in Schwellenländern und den deutschen Neid.
Momentan kann man viel über China, als das neue aufstrebende Luxusland lesen. Ist Asien der Kontinent, dessen Märkte es in Zukunft zu erschließen gilt?
China wird mit Sicherheit einmal der größte Luxusmarkt der Welt werden. Die Frage ist nur wann. Derzeit ist es noch Japan, also auch ein asiatisches Land. Grundsätzlich ist die asiatische Kultur relativ empfänglich für Luxusprodukte. Das hängt mit dem dort stark ausgeprägten Hierarchie- und Statusdenken zusammen. Deshalb haben bereits viele Luxusproduzenten in China stark expandiert. Ein Großteil dieser Unternehmen macht zwar noch keinen Gewinn, ist aber zuversichtlich, dass sich das ändern wird.
Woran erkennt man denn als Unternehmen, ob ein Land reif für den Luxus ist?
Eine wichtige Kennzahl ist natürlich das Bruttosozialprodukt pro Kopf. Allerdings ist weniger die Zahl für das Land, als für einzelne Ballungszentren relevant. So sind in China, Indien und in anderen Entwicklungsländern nur die großen Metropolen Luxusproduktmärkte. In jungen Luxusproduktmärkten dominiert der demonstrative Konsum; im Laufe der Zeit werden die persönlichen Konsummotive relevanter. Ein ähnlicher Prozess ist bei vielen Menschen zu beobachten: Am Beginn ihrer Karriere konsumieren sie häufig stolz, laut und demonstrativ, mit dem Alter verliert das oft an Bedeutung und der Konsum wird unauffälliger. In China und auch in Russland stehen also noch die sozialen Motive im Vordergrund. Beide Länder holen aber schnell auf.
Interessieren sich die Konsumenten weltweit dann auch jeweils für andere Produkte?
Ja, natürlich gibt es große Unterschiede in den länderspezifischen Vorlieben beim Konsum von Luxusprodukten. Sie sind einfach Folge und sichtbare Zeichen der Unterschiede zwischen den Kulturen. In Deutschland sind wir eher konservativer und wählen deshalb häufig Produkte, die vor allem sehr wertbeständig sind und eher einer Geldanlage ähneln. Hierzulande ist es also eher anerkannt, sich eine Immobilie oder einen teuren Füllfederhalter zu kaufen, als das Geld für eine Party sozusagen „rauszuschmeißen“. In den USA sieht man das etwas anders.
Und die Chinesen? Wie offenherzig gehen die mit dem eigenen Luxuskonsum um?
In China greifen die Leute vor allem zu Accessoires, weil die verhältnismäßig preiswert sind. Außerdem gibt es in China ganz andere Referenzpreise: Lebensmittel, Kleidung und viele andere Produkte sind viel günstiger als hier. Ein gewöhnliches T-Shirt kostet etwa zwei Euro. Der Preisunterschied zwischen Massen- und Luxusprodukten ist also in China größer. Auch angesichts des geringeren Einkommensniveaus in China sind Luxusprodukte aus Sicht vieler Mittelstands-Chinesen unglaublich teuer. Deshalb bevorzugen viele Chinesen Produkte, in denen offensichtlich Wert steckt, zum Beispiel Lederwaren. Aufgrund des begrenzten Budgets entscheiden sich viele nach der Dringlichkeit, am Wichtigsten ist also das, was man direkt am Körper trägt, das heißt eher eine Hose als ein Füllfederhalter. An Luxusschreibwaren besteht deshalb zum Beispiel noch relativ geringes Interesse.
In anderen Ländern wird also der eigene Reichtum wesentlich offensiver zur Schau gestellt als in Deutschland. Sind die Deutschen denn im internationalen Vergleich auch die besseren Neider?
In Deutschland ist man tatsächlich zurückhaltender. Reichtum wird weniger gezeigt, denn soziale Marktwirtschaft und damit sozialer Ausgleich gelten als gesellschaftliche Grundwerte. Zudem ist Deutschland vergleichsweise stark von konservativen Werten geprägt. Dazu zählen Disziplin und Bescheidenheit – und eben gerade nicht Verschwendung. Die jüngere Generation ist da aber deutlich offener. Ihr gilt Luxus nicht als unsozial, sondern eher als selbstverständliches Zeichen der eigenen Leistung.
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